Quelle: Wiener Zeitung
Österreichische Aktivistin Müller-Uri kritisiert Informationspolitik in Idomeni – Plattform soll Antworten liefern.
Idomeni/Wien/Athen. In der provisorischen Zeltstadt im griechischen Idomeni, wo etwa 13.000 Flüchtlinge gestrandet sind, fehlt es an vielem – Grundnahrungsmitteln, hygienischen Einrichtungen, medizinischer Versorgung. Aber es mangelt auch an Information. Das will das Projekt „Moving Europe“ ändern, im Rahmen dessen auch die österreichische Aktivistin Fanny Müller-Uri an der griechisch-mazedonischen Grenze ist.
„Wir gehen davon aus, dass die Menschen selbstbewusst und selbstermächtigt weiterreisen werden. Information über ihre Optionen wird ihnen allerdings weiterhin verwehrt“, so Müller-Uri im Gespräch mit der APA. Das ist auch in den vergangenen Tagen in Idomeni deutlich geworden. Dass die Balkanroute dicht ist, spricht sich unter den Flüchtlingen nur sehr langsam herum. „Es sagt ihnen einfach niemand“, kritisiert die Rassismusforscherin. Hier sieht sie die Polizei bzw. Behörden in der Pflicht.
Welche Rechte und Pflichten?
Die Plattform „Moving Europe“ versucht, Informationen – auch politische – zur Verfügung zu stellen. „Wie komme ich wohin, welche Rechte und Pflichten habe ich, wenn ich in diesem Land bin?“ – Fragen, auf die nicht nur die Flüchtlinge in Idomeni zum überwiegenden Teil keine Antwort haben. Die meisten wissen nur eines: Sie wollen nach Deutschland.
Diese ungleiche Verteilung des Wunsches nach dem Zielland kann zum Problem werden, gesteht auch Müller-Uri. „Aber man sieht ja auch, dass der EU-Verteilungsplan nicht funktioniert.“ Bereits im vergangenen Sommer hat die Union beschlossen, 160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland auf die restlichen Mitgliedsländer zu verteilen – bisher wurde aber davon nur ein Bruchteil realisiert. „Die Flüchtenden haben deshalb auch kein Vertrauen in diese Programme“, betont die Wissenschafterin.
Regierungen zu lasch, Arbeit erledigen ohnehin Freiwillige
Europa sei in der Migrationskrise nur „wahnsinnig langsam in Schwung gekommen“. Dabei könnten die Regierungen gar nicht überfordert gewesen sein, denn die gesamte Arbeit hätten ohnehin freiwillige Helfer und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gemacht, so Müller-Uri in Anspielung auf Szenen im vergangenen Herbst, als eine Welle der Hilfsbereitschaft durch Österreich ging.
Dass sich die offizielle Gangart der Bundesregierung mit der Einführung von Tageskontingenten nun gewendet hat, ist für Müller-Uri auch der Grund für die „internationale Realität. Die Grenzen wären noch offen, wenn sich Österreich nicht so verhalten hätte“. Für die Flüchtlinge fordert sie „einfach ein würdevolles Leben, die Einhaltung der Menschenrechte. Hier werden sie wie Tiere behandelt“.
Mit dem in Berlin gegründeten Projekt „Moving Europe“ ist Fanny Müller-Uri noch drei Wochen in Idomeni. Das Ziel der Aktivisten, die zuvor auch an anderen Stationen entlang der „Balkanroute“ Flüchtlinge unterstützten und informierten, ist es, dazu beizutragen, „den ankommenden Menschen – und damit uns selbst – den Weg in ein neues Europa offenzuhalten“. Denn „Europa ist in Bewegung, Europa muss sich bewegen“, heißt es auf der Website.